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Katharina Riedl
Dr. Christian Meisl
Sebastian Kleber
Das Wichtigste im Überblick:
- Eine Kündigung während der Krankheit ist grundsätzlich rechtlich möglich, jedoch gelten besondere Schutzvorschriften und Kündigungsfristen
- Krankheitsbedingte Kündigungen sind nur bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit oder häufigen Kurzerkrankungen mit negativer Zukunftsprognose zulässig
- Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt auch bei Krankheit und erfordert sozial gerechtfertigte Kündigungsgründe
Wenn die Krankheit zur beruflichen Bedrohung wird
Die Angst vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber während einer Krankheitsphase beschäftigt viele Arbeitnehmer. Besonders in Zeiten längerer Arbeitsunfähigkeit oder bei wiederkehrenden gesundheitlichen Problemen stellt sich die bange Frage: Darf der Arbeitgeber mich kündigen, während ich krank bin? Diese Sorge ist durchaus berechtigt, denn das deutsche Arbeitsrecht bietet zwar Schutz, aber keine absolute Kündigungssicherheit während einer Erkrankung.
Die rechtliche Lage ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Art und Dauer der Erkrankung, der Betriebsgröße, der Beschäftigungsdauer und den konkreten Umständen des Einzelfalls. Während kurzfristige Erkrankungen in der Regel keinen Kündigungsgrund darstellen, können langanhaltende oder häufig wiederkehrende Krankheiten durchaus zu einer berechtigten Kündigung führen.
Für Betroffene ist es daher essentiell zu wissen, welche Rechte sie haben, wann eine Kündigung während der Krankheit zulässig ist und wie sie sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen wehren können. Das Arbeitsrecht bietet verschiedene Schutzinstrumente, deren Anwendung jedoch eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen erfordert.
Rechtliche Grundlagen des Kündigungsschutzes
Kündigungsschutzgesetz und seine Anwendung
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bildet das Herzstück des deutschen Kündigungsschutzrechts. Es gilt für Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt sind. Nach § 1 KSchG ist eine Kündigung nur dann rechtswirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist.
Die soziale Rechtfertigung erfordert Gründe in der Person des Arbeitnehmers, in seinem Verhalten oder dringende betriebliche Erfordernisse. Krankheit kann grundsätzlich einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen, jedoch nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen. Der Gesetzgeber hat bewusst einen hohen Schutzstandard geschaffen, um kranke Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen zu bewahren.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und Diskriminierungsverbot
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergänzt den Kündigungsschutz durch das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung. Chronische Krankheiten können unter bestimmten Umständen als Behinderung im Sinne des AGG gelten, was zusätzlichen Schutz vor Benachteiligungen bietet.
Eine Kündigung wegen einer Behinderung kann eine unzulässige Diskriminierung darstellen. Krankheit und Behinderung sind jedoch rechtlich zu unterscheiden; das AGG greift regelmäßig nur bei einer Behinderung im Sinne des Gesetzes. Bei einer Kündigung wegen Krankheit allein liegt regelmäßig keine Diskriminierung nach dem AGG vor, solange keine Behinderung im engeren Sinn besteht.
Besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Personengruppen
Bestimmte Arbeitnehmergruppen genießen besonderen Kündigungsschutz, der auch während einer Krankheit relevant wird. Schwerbehinderte Menschen sind nach § 168 SGB IX besonders geschützt und können nur mit Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden. Schwangere Arbeitnehmerinnen haben nach § 17 MuSchG besonderen Schutz vor Kündigungen.
Auch Betriebsratsmitglieder, Jugend- und Auszubildendenvertreter sowie Datenschutzbeauftragte genießen besonderen Kündigungsschutz, der unabhängig von einer Erkrankung Anwendung findet.
Hauptaspekte der Kündigung während Krankheit
Zulässigkeit ordentlicher Kündigungen bei Krankheit
Eine ordentliche Kündigung während einer Krankheit ist grundsätzlich möglich, muss aber den strengen Anforderungen des Kündigungsschutzrechts genügen. Bei personenbedingten Kündigungen wegen Krankheit müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers.
Die negative Gesundheitsprognose bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Kündigung objektive Tatsachen die Besorgnis rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer auch künftig krankheitsbedingt ausfallen wird. Dabei ist zwischen verschiedenen Fallgruppen zu unterscheiden: häufige Kurzerkrankungen, lang andauernde Arbeitsunfähigkeit und krankheitsbedingte Leistungsminderung.
Die erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen kann sich aus wirtschaftlichen Belastungen durch Entgeltfortzahlung, Störungen des Betriebsablaufs oder der Notwendigkeit von Ersatzkräften ergeben. Jedoch reichen geringfügige Beeinträchtigungen nicht aus – es muss eine spürbare Belastung vorliegen.
Außerordentliche Kündigung während Krankheit
Eine außerordentliche Kündigung ist auch während einer Krankheit möglich, jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB. Die Krankheit selbst kann nur in seltenen Ausnahmefällen einen wichtigen Grund darstellen, etwa wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht oder Heilungsmaßnahmen bewusst sabotiert.
Häufiger sind außerordentliche Kündigungen wegen anderen Pflichtverletzungen während der Krankheit, beispielsweise bei Verstößen gegen Mitteilungspflichten, unerlaubter Nebentätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit oder anderen Vertrauensbrüchen. Auch hier gelten jedoch die strengen Anforderungen der außerordentlichen Kündigung.
Kündigungsfristen und Entgeltfortzahlung
Die regulären Kündigungsfristen nach § 622 BGB gelten auch bei einer Kündigung während der Krankheit. Eine verkürzte Kündigungsfrist ist nicht zulässig, nur weil der Arbeitnehmer erkrankt ist. Die Entgeltfortzahlungspflicht nach § 3 EntgFG besteht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fort, sofern die Arbeitsunfähigkeit andauert.
Bei einer Kündigung während der Entgeltfortzahlungszeit muss der Arbeitgeber weiterhin das Gehalt zahlen, bis die Kündigungsfrist abgelaufen ist oder die Arbeitsunfähigkeit endet. Dies kann für Arbeitgeber ein kostspieliger Faktor sein, der gegen eine vorschnelle Kündigung spricht.
Typische Fallkonstellationen mit Lösungsansätzen
Häufige Kurzerkrankungen
Häufige Kurzerkrankungen können eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn sie zu erheblichen betrieblichen Störungen führen. Als Richtwert gilt eine Fehlzeit von mehr als sechs Wochen pro Jahr über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. Entscheidend ist jedoch nicht nur die absolute Fehlzeit, sondern auch die Häufigkeit und Vorhersagbarkeit der Erkrankungen.
Der Arbeitgeber muss eine negative Zukunftsprognose belegen können, die sich auf objektive Tatsachen stützt. Reine Vermutungen oder statistische Wahrscheinlichkeiten reichen nicht aus. Eine ärztliche Stellungnahme zur Prognose kann hilfreich sein, ist aber nicht zwingend erforderlich.
Arbeitnehmer können sich gegen solche Kündigungen wehren, indem sie die Prognose in Frage stellen oder nachweisen, dass die betrieblichen Beeinträchtigungen nicht erheblich sind. Eine erfolgreiche Behandlung oder Rehabilitation kann die Prognose verbessern und die Kündigung unwirksam machen.
Langandauernde Arbeitsunfähigkeit
Bei einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit ist eine Kündigung möglich, wenn die Rückkehr des Arbeitnehmers an den Arbeitsplatz im Kündigungszeitpunkt nicht absehbar ist oder erst in fernerer Zukunft zu erwarten steht. Als Richtwert werden oft 24 Monate genannt, jedoch ist jeder Fall individuell zu beurteilen.
Relevant ist nicht nur die bisherige Dauer der Arbeitsunfähigkeit, sondern vor allem die Prognose für die Zukunft. Wenn eine baldige Genesung wahrscheinlich ist, kann eine Kündigung unwirksam sein, auch wenn bereits längere Zeit Arbeitsunfähigkeit bestand.
Der Arbeitgeber muss auch bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit prüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, etwa eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder eine Reduzierung der Arbeitszeit. Zwar ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung; unterlässt der Arbeitgeber jedoch das BEM, wird es für ihn deutlich schwieriger, eine sozial gerechtfertigte Kündigung im Prozess zu begründen.
Krankheitsbedingte Leistungsminderung
Eine dauerhafte krankheitsbedingte Leistungsminderung kann ebenfalls eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer auch bei objektiver Betrachtung nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Die Leistungsminderung muss erheblich sein und darf nicht nur vorübergehender Natur sein. Eine geringfügige Reduzierung der Arbeitsleistung rechtfertigt noch keine Kündigung. Der Arbeitgeber muss auch hier prüfen, ob durch Umorganisation, technische Hilfsmittel oder Versetzung eine Weiterbeschäftigung möglich ist.
Besonders bei schwerbehinderten Arbeitnehmern ist der Arbeitgeber zu weitreichenden Anpassungen verpflichtet. Das können bauliche Veränderungen, spezielle Arbeitsmittel oder flexible Arbeitszeiten sein.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX ist für Arbeitgeber verpflichtend, wenn Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Ziel ist es, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten.
Zwar ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung; unterlässt der Arbeitgeber jedoch das BEM oder führt es fehlerhaft durch, wird es für ihn deutlich schwieriger, eine sozial gerechtfertigte Kündigung im Prozess zu begründen. Das BEM muss ergebnisoffen geführt werden und alle Beteiligten einbeziehen.
Arbeitnehmer haben das Recht, die Teilnahme am BEM zu verweigern, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen. Eine Verweigerung kann jedoch bei einer späteren Kündigung als Indiz für eine negative Mitwirkung gewertet werden.
Praktische Tipps für Betroffene
Verhalten bei Krankheit und drohender Kündigung
Bei einer längeren Erkrankung sollten Arbeitnehmer proaktiv mit ihrem Arbeitgeber kommunizieren und über den voraussichtlichen Verlauf der Genesung informieren. Eine transparente Kommunikation kann Vertrauen schaffen und voreilige Kündigungsüberlegungen verhindern.
Wichtig ist die ordnungsgemäße Erfüllung aller Mitteilungspflichten. Die Arbeitsunfähigkeit muss unverzüglich mitgeteilt und durch ärztliche Bescheinigungen belegt werden. Versäumnisse können zu Abmahnungen oder sogar zur fristlosen Kündigung führen.
Wenn eine Kündigung droht oder bereits ausgesprochen wurde, sollten Betroffene sich umgehend rechtlich beraten lassen. Die Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage beginnt mit Zugang der Kündigung und kann bei Versäumung nicht mehr nachgeholt werden.
Dokumentation und Beweissicherung
Eine sorgfältige Dokumentation ist bei drohenden krankheitsbedingten Kündigungen besonders wichtig. Alle ärztlichen Bescheinigungen, Behandlungsberichte und Prognosen sollten gesammelt werden. Auch die Kommunikation mit dem Arbeitgeber sollte schriftlich erfolgen oder nachträglich schriftlich bestätigt werden.
Bei einem BEM-Verfahren sollten alle Gespräche und Maßnahmen dokumentiert werden. Arbeitnehmer haben das Recht, Protokolle der BEM-Gespräche zu erhalten und eigene Vorschläge einzubringen. Eine Kopie aller BEM-Unterlagen sollte angefordert werden.
Auch betriebliche Abläufe und Auswirkungen der Krankheit sollten dokumentiert werden. Wenn der Arbeitgeber behauptet, die Krankheit führe zu erheblichen betrieblichen Störungen, können Gegenbeweise wertvoll sein.
Rechtzeitige rechtliche Beratung
Bei einer Kündigung während der Krankheit ist schnelles Handeln erforderlich. Die Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist und kann nicht verlängert werden.
Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann bereits vor Ausspruch einer Kündigung hilfreich sein. Präventive Maßnahmen wie die ordnungsgemäße Durchführung des BEM oder die Beantragung einer Schwerbehinderung können den Kündigungsschutz stärken.
Bei der Auswahl eines Rechtsanwalts sollte auf die Spezialisierung im Arbeitsrecht geachtet werden. Krankheitsbedingte Kündigungen sind ein komplexes Rechtsgebiet, das besondere Expertise erfordert.
Finanzielle Absicherung bei Krankheit
Eine längere Erkrankung bringt nicht nur arbeitsrechtliche Herausforderungen mit sich, sondern oft auch erhebliche finanzielle Belastungen. Während das Arbeitsrecht Schutz vor Kündigung bietet, sollten Arbeitnehmer auch an ihre langfristige finanzielle Absicherung denken.
Private Berufsunfähigkeitsversicherung als wichtige Ergänzung
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung kann bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit eine existenzielle Absicherung darstellen. Sie zahlt eine monatliche Rente, wenn Sie Ihren Beruf aufgrund von Krankheit oder Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben können. Besonders wichtig wird diese Absicherung, wenn die gesetzliche Erwerbsminderungsrente nicht oder nur teilweise greift.
Unsere Kanzlei berät Sie nicht nur zu arbeitsrechtlichen Fragen rund um die Kündigung während der Krankheit, sondern auch zu den Möglichkeiten der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Wir unterstützen Sie bei:
- Der Prüfung bestehender Versicherungsverträge
- Der rechtlichen Beurteilung von Leistungsablehnungen
- Der Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Versicherungen
- Fragen zur Vertragsgestaltung und Leistungsumfang
Private Unfallversicherung für zusätzlichen Schutz
Ergänzend zur Berufsunfähigkeitsversicherung bietet die private Unfallversicherung Schutz bei unfallbedingten Gesundheitsschäden. Sie leistet unabhängig davon, ob ein Unfall während der Arbeit oder in der Freizeit passiert ist. Gerade bei schweren Unfällen mit dauerhaften Folgen kann diese Versicherung entscheidend sein.
Auch hier berät Sie unsere Kanzlei umfassend zu:
- Leistungsansprüchen aus bestehenden Unfallversicherungen
- Durchsetzung von Invaliditätsleistungen
- Bewertung von Invaliditätsgraden
- Vertragsauslegung und Streitigkeiten mit Versicherern
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Die Kombination aus arbeitsrechtlichem Schutz und solider Versicherungsabsicherung bietet Ihnen die beste Sicherheit im Fall einer längeren Erkrankung. Während wir Ihren Arbeitsplatz rechtlich verteidigen, können die Versicherungsleistungen Ihre finanzielle Existenz sichern.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zur arbeitsrechtlichen Absicherung bei Krankheit oder zu Ihrer privaten Versicherungsabsicherung haben. Wir beraten Sie ganzheitlich zu allen Aspekten, die bei einer längeren Erkrankung relevant werden können.
Checkliste für Arbeitnehmer bei Krankheit
Während der Krankheit:
- Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen
- Ärztliche Bescheinigungen fristgerecht einreichen (meist ab dem 3. Tag)
- Regelmäßige Information über den voraussichtlichen Heilungsverlauf
- Alle ärztlichen Unterlagen und Behandlungsberichte sammeln
- Kontakt zum Arbeitgeber halten und Gesprächsbereitschaft zeigen
Bei drohendem BEM-Verfahren:
- Teilnahme am BEM grundsätzlich empfehlenswert
- Eigene Vorschläge für Eingliederungsmaßnahmen entwickeln
- Protokolle aller BEM-Gespräche anfordern
- Betriebsrat oder Vertrauensperson hinzuziehen
- Datenschutz beachten und nur notwendige Informationen preisgeben
Bei Kündigungsandrohung:
- Sofortige rechtliche Beratung suchen
- Alle Unterlagen zur Krankheit und zum Arbeitsverhältnis sammeln
- Kommunikation mit dem Arbeitgeber dokumentieren
- Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung prüfen lassen
- Schwerbehinderung beantragen, falls zutreffend
Nach Erhalt einer Kündigung:
- Kündigungsschutzklage binnen 3 Wochen erheben
- Arbeitslosengeld beantragen (auch bei laufender Klage)
- Arbeitgeberwechsel nicht ausschließen
- Vergleichsverhandlungen führen lassen
- Zeugnis und Abfindung verhandeln
Schutz vor Kündigung während Krankheit
Eine Kündigung während der Krankheit ist nicht grundsätzlich unzulässig, unterliegt aber strengen rechtlichen Voraussetzungen. Das deutsche Arbeitsrecht bietet kranken Arbeitnehmern umfangreichen Schutz, der jedoch aktiv in Anspruch genommen werden muss.
Entscheidend für den Erfolg ist eine frühzeitige und strategische Herangehensweise. Bereits bei den ersten Anzeichen einer längeren Erkrankung sollten präventive Maßnahmen ergriffen werden. Eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber, die ordnungsgemäße Mitwirkung am BEM und eine sorgfältige Dokumentation können einer Kündigung vorbeugen.
Sollte dennoch eine Kündigung ausgesprochen werden, sind die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage oft gut, wenn die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Viele Arbeitgeber unterschätzen die Komplexität krankheitsbedingter Kündigungen und machen Fehler, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Lassen Sie sich nicht von einer Kündigung während der Krankheit entmutigen. Mit der richtigen rechtlichen Strategie können Sie Ihre Arbeitsplatz oft erfolgreich verteidigen oder zumindest eine angemessene Abfindung erreichen. Ihre Gesundheit gibt Ihnen nicht weniger Rechte, sondern oft sogar besonderen Schutz.
Häufig gestellte Fragen
Darf mein Arbeitgeber mich kündigen, während ich krank geschrieben bin?
Ja, eine Kündigung während der Krankschreibung ist grundsätzlich möglich. Sie unterliegt jedoch den strengen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes und muss sozial gerechtfertigt sein. Die bloße Krankheit allein rechtfertigt noch keine Kündigung.
Wie lange muss ich krank sein, damit eine Kündigung zulässig ist?
Es gibt keine feste Zeitgrenze. Bei häufigen Kurzerkrankungen können bereits sechs Wochen Fehlzeit pro Jahr über mehrere Jahre relevant sein. Bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit werden oft 24 Monate als Richtwert genannt, aber jeder Fall ist individuell zu beurteilen.
Muss mein Arbeitgeber ein BEM-Verfahren durchführen?
Ja, wenn Sie innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren, ist der Arbeitgeber zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verpflichtet. Ein unterlassenes oder fehlerhaftes BEM kann eine spätere Kündigung unwirksam machen.
Kann ich während der Krankheit fristlos gekündigt werden?
Eine fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Die Krankheit selbst stellt normalerweise keinen solchen Grund dar. Möglich ist eine fristlose Kündigung etwa bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit oder anderen schweren Pflichtverletzungen.
Welche Fristen muss ich bei einer Kündigungsschutzklage beachten?
Die Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben werden. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist und kann nicht verlängert werden.
Bin ich als schwerbehinderter Mensch besser geschützt?
Ja, schwerbehinderte Menschen genießen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist nur mit Zustimmung des Integrationsamtes möglich. Auch gleichgestellte behinderte Menschen haben diesen besonderen Schutz.
Muss ich meinem Arbeitgeber meine Diagnose mitteilen?
Nein, Sie müssen nur die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitteilen. Die konkrete Diagnose ist grundsätzlich nicht mitzuteilen. Ausnahmen gelten nur in besonderen Fällen, etwa bei ansteckenden Krankheiten.
Kann mein Arbeitgeber verlangen, dass ich zum Betriebsarzt gehe?
Ja, der Arbeitgeber kann in bestimmten Fällen eine betriebsärztliche Untersuchung anordnen. Dies ist insbesondere bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit oder im Rahmen des BEM möglich. Sie können jedoch einen Arzt Ihres Vertrauens wählen.
Was passiert mit meinem Gehalt während der Kündigung in der Krankheit?
Die Entgeltfortzahlung läuft während der Kündigungsfrist weiter, solange die Arbeitsunfähigkeit besteht. Der Arbeitgeber muss bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zahlen, auch wenn Sie die gesamte Zeit krank sind.
Kann ich eine Abfindung verlangen, wenn die Kündigung wegen Krankheit erfolgt?
Einen Rechtsanspruch auf Abfindung gibt es normalerweise nicht. In der Praxis werden jedoch oft Abfindungen gezahlt, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden oder im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs. Die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab.