Die Corona-Pandemie begleitet unseren Alltag nunmehr seit etwa zwei Jahren. Innerhalb dieser Zeit gab es immer wieder neue Regelungen, die es zu beachten gilt. Unter anderem müssen sich Corona-Infizierte in Isolation begeben, Kontaktpersonen haben die Quarantäne-Regeln zu beachten. Weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sind bzw. waren die Maskenpflicht sowie Kontakt-, Ausgangs- und Zugangsbeschränkungen. Wie auch schon im vergangenen Jahr bringt die warme Jahreszeit aber ein paar Lockerungen mit sich. Daher ergreifen viele die Chance, sich eine Auszeit zu nehmen und in den Urlaub zu fahren. Aber was ist, wenn man statt in den langersehnten Urlaub in Quarantäne muss?

Ein Fall für die Gerichte

Mit einem ähnlichen Fall musste sich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein befassen. Ein Arbeitnehmer hatte für die Zeit vom 23.12. – 31.12.2020 sechs Urlaubstage beantragt. Seine Arbeitgeberin hat diesen Urlaub auch genehmigt. Unglücklicherweise musste sich der Mann genau in diesem Zeitraum in Quarantäne begeben. Zwar hatte er sich selbst nicht mit dem Coronavirus infiziert, er galt jedoch als enge Kontaktperson. Aus diesem Grund hatte das Gesundheitsamt die „Absonderung“ nach § 30 IfSG angeordnet. Somit musste der Arbeitnehmer die Zeit vom 21.12.2020 – 04.01.2021 in Quarantäne verbringen, d.h. er durfte seine Wohnung nicht verlassen und keinen Besuch empfangen. Arbeitsunfähig erkrankt war er jedoch nicht.

Infolgedessen verlangte der Mann von seiner Arbeitgeberin, ihm die in Quarantäne verbrachten Urlaubstage gut zu schreiben. Dies hat die Arbeitgeberin allerdings abgelehnt, weswegen er beim Arbeitsgericht Klage einreichte. Nachdem er mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Neumünster keinen Erfolg hatte, zog er in nächster Instanz vor das Landesarbeitsgericht (LAG). Doch auch das LAG Schleswig-Holstein wies seine Klage ab (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.02.2022, Az.: 1 Sa 208/12).

 

Die Argumentation

Nach Ansicht des Klägers sei § 9 des Bundesurlaubgesetzes (BUrlG) für den Quarantänefall analog anzuwenden. Darin heißt es:
„Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.“

Die Gerichte haben sich der Argumentation des Arbeitnehmers jedoch nicht angeschlossen. Voraussetzung für die analoge Anwendung von Normen ist eine planwidrige Regelungslücke, die hier aber nicht gegeben ist. Konkret heißt es in der Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein:

„Das Bundesarbeitsgericht vertritt durchgehend seit über 25 Jahren die Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG wegen seines Ausnahmecharakters nicht in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat auf diese Rechtsprechung reagiert und eine § 9 BUrlG entsprechende Regelung für den Fortbestand des Urlaubsanspruchs während eines Beschäftigungsverbotes im MuSchG eingefügt (§ 24 Seite 2), nicht aber eine Regelung im Infektionsschutzgesetz.“

Eine analoge Anwendung des § 9 BurlG – wie vom Kläger gefordert – scheidet also aus. Für besondere Umstände wie z.B. den Mutterschutz wurden explizit spezielle Regelungen geschaffen. Solche wurden für die Quarantäne aber bewusst nicht ins Infektionsschutzgesetz eingefügt. Weiterhin argumentiert das Gericht:

„Auch ist der Fall der Absonderungsanordnung unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht mit der Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs gleichzusetzen. Vorgaben für den Arbeitnehmer, wie er seinen Urlaub zu verbringen hat, gibt es nicht. Wie der Arbeitnehmer sich erholt, bleibt ihm überlassen. Unter Umständen wird er durch eine Absonderung überhaupt nicht in der Verwirklichung seines Urlaubszwecks beeinträchtigt. Die analoge Anwendung von § 9 BUrlG kann aber nicht davon abhängen, wie ein Arbeitnehmer im konkreten Fall beabsichtigt, seinen Urlaub zu verbringen.“

Entscheidungen anderer Gerichte

Bei fehlender Arbeitsunfähigkeit müssen also Urlaubstage, die in Quarantäne verbracht werden, nicht zurückgewährt werden. Diese Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein stellt zudem keinen Einzelfall dar. Neben einigen Arbeitsgerichten hat auch das LAG Düsseldorf bereits im Oktober 2021 über einen ähnlichen Fall entschieden und ebenfalls die analoge Anwendung des § 9 BurlG ausgeschlossen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2021, Az.: 7 Sa 857/21). Nichtsdestotrotz muss jeder Fall einzeln für sich überprüft werden. Wenn auch Sie ein arbeitsrechtliches Problem haben, können Sie uns gerne Ihren Fall schildern und unser kostenloses Erstgespräch nutzen. Nehmen Sie hierzu einfach Kontakt zu uns auf. Falls Sie sich vorab zu bestimmten Themen des Arbeitsrechts informieren wollen, finden Sie einige interessante Beiträge auf unserer Homepage unter dem Menüpunkt Arbeitsrecht.