Im Sommer fliegen jährlich etliche Menschen in ihren wohlverdienten Urlaub. Typischerweise wird ein Pauschalreisevertrag gebucht. Aber nicht jeder Urlaub verläuft reibungslos. Bei mangelhafter Leistung des Reiseveranstalters steht dem Reisenden unter anderem ein Recht auf Minderung des Reisepreises zu. Dann können Betroffene anteilige Erstattung ihres bezahlten Reisepreises verlangen.

Was ist ein Pauschalreisevertrag?

Bei einer Pauschalreise werden mindestens zwei Reiseleistungen vom selben Anbieter zum Zweck derselben Reise gebucht. Ein Pauschalreisevertrag liegt beispielsweise vor, wenn ein Reisender online oder im Reisebüro den Flug in Kombination mit der Beherbergung bei einem Anbieter bucht.

Neben Informationspflichten des Reiseveranstalters und anderen Rechten des Reisenden, steht dem Buchenden bei einem Mangel das Recht der Minderung zu.

Was ist eine Minderung?

Soweit sich ein Reisemangel auswirkt, mindert sich entsprechend der Reisepreis. Sollte der Verbraucher den vollen Preis bereits bezahlt haben, hat er einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Mehrbetrags. Die Höhe des Erstattungsanspruchs hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bedarf einer konkreten rechtlichen Beurteilung. In Extremfällen kann der gesamte Preis zurückgefordert werden.

Wann kann ein Erstattungsanspruch aus Minderung geltend gemacht werden?

Für eine Minderung des Reisepreises muss ein Reisemangel vorliegen. Ein solcher Mangel ist jede Abweichung von der vereinbarten Reisequalität. Voraussetzung ist also, dass Vertragsleistungen nicht in abgesprochener Weise erbracht wurden.

Darüber hinaus ist die Leistung des Unternehmers mangelhaft, wenn sie sich nicht für den bestimmten, im Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet oder nicht dem gewöhnlichen Maßstab einer vergleichbaren Reise gerecht wird. Auch verspätete oder gar nicht erbrachte Leistungen sind mangelhaft.

Relevant können hier pandemiebedingte Einschränkungen der Nutzbarkeit von Hoteleinrichtungen sein. Je nachdem, ob diese Einschränkungen bei Vertragsschluss bekannt waren oder vertraglich berücksichtigt wurden, können sie einen Mangel begründen.

Aktuelles zur Minderung im Reiserecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom Frühjahr 2022 (BGH X ZR 97/20) die Rechte der Reisenden bekräftigt, allerdings auch Maßstäbe zur Beweiserhebung vor Gericht festgelegt.

Im zugrundeliegenden Fall hat ein Verbraucher für einen Familienurlaub eine Flugpauschalreise auf die griechische Insel Kos gebucht. Er verlangte vom Reiseveranstalter wegen mehrerer Mängel, unter anderem wegen nächtlichem Fluglärm, eine Minderung des gesamten bezahlten Reisepreises von über 5.000 Euro.  Das LG Hannover (Urt. v. 24.10.2019, Az. 8 O 19/19) als Gericht der ersten Instanz verurteilte den Veranstalter, 492,43 Euro wegen Mängeln bei der Ausstattung des Hotelzimmers an den Kläger zu zahlen. Nach Berufung des Reiseveranstalters sprach das OLG Celle (Urt. v. 15.10.2020, Az. 11 U 175/19) dem Verbraucher eine Minderung von insgesamt 1.500 Euro mitunter wegen dem nächtlichen Fluglärm zu.

In der Revision urteilte der BGH, dass dem Kläger keine allzu großen Hürden für die Erklärungslast des Fluglärms gestellt werden dürfen. Grundsätzlich hat zwar nach der Zivilprozessordnung (ZPO) derjenige, der sich auf bestimmte Tatsachen beruft, diese so genau wie möglich darzulegen. Es genüge aber den Erfordernissen des Prozessrechts, wenn der Kläger vorträgt, dass nächtliche Flüge teilweise mehrmals in der Stunde in niedrigem Abstand über die Hotelanlage geflogen sind.

Es kann nicht verlangt werden, dass der Reisende die Lärmimmissionen im Zimmer und auf der Hotelanlage misst und in Erfahrung bringt, welches Flugzeug in welcher Höhe und zu welcher Zeit geflogen ist.

Andererseits besteht auch für den Reiseveranstalter ein entsprechend geringer Maßstab zum Bestreiten der Klägerbehauptungen. Ebenso wenig wie der Reisende konkretisierte Informationen zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht geltend machen muss, muss der Reiseveranstalter entsprechende Angaben entgegensetzen. Ein einfaches Bestreiten reicht aus.

Da die Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände beim Verbraucher liegt, muss er also zur Durchsetzung seines Erstattungsanspruchs vor Gericht genauere Tatsachen geltend machen.

Auswirkung für Betroffene

Das Urteil bedeutet für Betroffene zweierlei. Zwar muss ein Reisender, der von Mängeln wie etwa nächtlichem Fluglärm gestört wird, keine Nachforschungen anstellen, um einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen. Eine anteilige Erstattung des Reisepreises aus Minderung steht ihm grundsätzlich zu. Andererseits muss er konkrete Tatsachen im Prozess beibringen, um seiner Beweislast zu genügen, soweit der Veranstalter den Mangel bestreitet.

Sobald während der Reise Mängel auffallen, ist man also gut beraten, diese so konkret wie möglich festzuhalten. Der BGH betont in seinem Urteil allerdings, dass der Reiseveranstalter pauschal auf Angaben zu Beeinträchtigungen durch möglichen Fluglärm nicht verzichten kann. Eine Informationsbeschaffung des Buchenden im Voraus ist damit keineswegs erforderlich. Der Reiseveranstalter kann sich also nicht darauf berufen, dass sich der Kläger vor der Reise über möglichen Fluglärm erkundigen hätte müssen.

Das Reiserecht gehört zum allgemeinen Zivilrecht und ist damit Teil der Tätigkeitsausrichtung unserer Kanzlei. Für Betroffene kann eine rechtliche Beratung erforderlich sein, um die konkreten Mängel und die sich daraus ergebenden Rechte zu ermitteln. Eine genaue rechtliche Bewertung der Sachlage unter Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung entscheidet, ob Ansprüche vor Gericht durchgesetzt werden können. Oftmals erledigt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung bereits im Vorfeld, wenn der Reiseveranstalter mit einem tatsächlich und rechtlich substantiierten Anspruch konfrontiert wird. Deshalb beraten wir Sie gerne schon vor der gerichtlichen Geltendmachung Ihres Anspruchs, um eine möglichst schnelle Rechtsdurchsetzung für Sie zu ermöglichen.