In den 1990er und 2000er Jahren wurden bundesweit langfristige Sparverträge abgeschlossen. Während diese bei den Sparkassen oftmals als „Prämiensparen flexibel“ bezeichnet wurden, nannten die Volksbanken solche Verträge häufig „Bonusplan“ oder „Zielsparplan“. Auch „Vorsorgesparen“, „Vermögensplan“ oder „Vorsorgeplan“ sind geläufige Bezeichnungen. Doch ganz gleich, wie man diese Art von Verträgen betitelt, sie teilen meist ein ähnliches Prinzip: Auf das ersparte Geld soll es Zinsen geben, welche sich aus einem variablen Grundzins und einer vereinbarten Prämie zusammensetzen.

Zinsen auf Erspartes = variabler Grundzins + vereinbarte Prämie

Die Prämie richtet sich nach der Vertragslaufzeit, d.h. je länger der Vertrag besteht, desto höher ist auch die Prämie. Die variablen Sparzinsen sollten sich an der allgemeinen Zinsentwicklung orientieren. Jedoch konnten diese einseitig durch die Banken angepasst werden, meist reichte hierfür ein bloßer Aushang in der Bankfiliale. Diese einseitige Zinsanpassung wurde bereits im Jahr 2004 und 2010 vom Bundesgerichtshof (BGH) für unwirksam erklärt. Infolgedessen änderten die Banken die Zinsklauseln für neuere Verträge, eine Nachzahlung haben viele Betroffene allerdings bis heute nicht erhalten.

Doch Sparer und Sparerinnen mit ursprünglichen Prämiensparverträgen aus den 1990er oder 2000er Jahren können sich freuen: Das jüngst ergangene Urteil des BGH stärkt erneut die Verbraucherrechte (Urteil vom 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20). Nach Ansicht des BGH ist eine Klausel wie „Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit .. % p.a. verzinst“ unwirksam. Die Verzinsung sei zu variabel gehalten und weist nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf.

In seinem Urteil hat der BGH genaue Vorgaben für die Zinsberechnungsmethode gemacht und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen. Für die genaue Berechnung der Ansprüche muss nun das OLG Dresden mithilfe eines Sachverständigen einen Referenzzinssatz festlegen.

Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei dem BGH-Urteil lediglich um ein Feststellungsurteil über eine Musterfeststellungsklage handelt. Das bedeutet, dass es nur Grundsatzfragen klärt, jedoch keinen Vollstreckungstitel liefert. Das Urteil führt also nicht unmittelbar zu einer Nachzahlung. Vielmehr müssen betroffene Bankkunden selbst aktiv werden.

Wir empfehlen, dass Sie Ihren Vertrag von unseren Experten prüfen lassen. Da es sehr viele Vertragsvarianten gibt, muss genau untersucht werden, ob die in Ihrem Vertrag verwendete Klausel rechtswidrig ist. Zudem muss geklärt werden, wer die Ansprüche überhaupt geltend machen kann, wenn der Vertrag z.B. auf Kinder oder Enkelkinder übertragen wurde. Doch in vielen Fällen lohnt sich dieser Schritt. Laut der Verbraucherzentrale Sachsen seien allein den Kunden der Sparkasse Leipzig im Schnitt pro Vertrag 3100 Euro entgangen.

Im nächsten Schritt ist die genaue Höhe des Anspruchs zu beziffern. Bis das erfolgen kann, ist jedoch die Entscheidung des OLG Dresden zum Referenzzinssatz abzuwarten. Dies kann sich allerdings noch ca. ein Jahr hinziehen. Aus diesem Grund sollten insbesondere diejenigen Bankkunden aktiv werden, die ihren Prämiensparvertrag im Jahr 2018 gekündigt haben, da ihnen die Verjährung droht. Wenn Sie Ihren Vertrag im Jahr 2018 gekündigt haben, sind Ihre Ansprüche im Januar 2022 bereits verjährt. Noch bis Ende des Jahres können Sie etwas dagegen unternehmen, wie z.B. von Ihrer Bank einen Verjährungsverzicht anfordern. Gerne unterstützen wir Sie bei diesem Schritt.