Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Urlaub. Für nicht genommenen Urlaub besteht grundsätzlich ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung. Doch wie lange kann der Anspruch auf Urlaub bzw. dessen Abgeltung bestehen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat aktuell entschieden, dass Arbeitgeber sich nur unter bestimmten Umständen auf einen Verfall bzw. eine Verjährung berufen können.

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Katharina Riedl

Rechtsanwältin und Expertin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Der Sachverhalt

Das BAG beurteilte eine Streitigkeit zwischen einer Steuerfachangestellten und ihrem Arbeitgeber. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte sie Abgeltung ihrer nicht genommenen Urlaubstage. Das Problem: Ein großer Teil der Urlaubstage lag mehr als drei Jahre zurück! Der Arbeitgeber erhob deshalb den Einwand der Verjährung.

Das Urteil

Das BAG (Urteil vom 20.12.2022, Az.: 9 AZR 266/20) gab der Klägerin Recht und stärkte so die Rechte der Arbeitnehmer. Laut BAG beginne die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat, zu laufen.
Das Urteil ist wenig überraschend. Das BAG setzt die Vorgaben des EuGH um. Das europäische Gericht hatte bereits im Rahmen des „Vorabentscheidungsverfahren“ diesen arbeitnehmerfreundlichen Weg vorgezeichnet.
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Mehr zu diesem Urteil des EuGH und zum Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers lesen Sie in unserem früheren Beitrag dazu!
Ein zentraler Punkt ist der unionsrechtlich abgesicherte Gesundheitsschutz, der dem Arbeitnehmer rechtlich garantiert ist. Eine Konfrontation des Arbeitgebers Jahre nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses mit Ansprüchen auf finanzielle Abgeltung ist somit gerechtfertigt.
Der Arbeitgeber kann diesen Zustand der Rechtsunsicherheit dadurch beseitigen, dass er seiner Hinweisobliegenheit entsprechend nachkommt. Das ist auch sachgerecht, da der Arbeitgeber nicht zulasten des Arbeitnehmers von dem nicht genommenen Urlaub profitieren darf – sofern der Arbeitnehmer sich nicht umfassend seiner Rechte bewusst war bzw. ist.

Auswirkungen auf die Praxis 

Das Arbeitsrecht im Allgemeinen und das Urlaubsrecht im Besonderen sind stark europarechtlich geprägt. Dabei ist eine zunehmend arbeitnehmerfreundliche Tendenz auf der einen Seite sowie eine zunehmende Komplexität der Rechtslage auf der anderen Seite zu erkennen. Seit 2018 steht anhand der Rechtsprechung des EuGH fest, dass der Arbeitgeber für das wirksame Entfallen des Urlaubsanspruches den Arbeitnehmer entsprechend belehren muss. Nun ist klar: Diese Belehrung hat auch Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist!
Ob eine „Anspruchswelle“ auf finanzielle Abgeltung der Urlaubsansprüche zu erwarten ist, kann noch nicht sicher prognostiziert werden, ist aber jedenfalls aufgrund des BAG-Urteils und der EuGH-Rechtsprechung nicht unwahrscheinlich.

Unsere rechtliche Beratung

Gerade das Arbeitsrecht unterliegt einem ständigen Wandel mit europarechtlichem Hintergrund. In kaum einem anderen Rechtsgebiet kommt es so sehr nicht nur auf die Kenntnis des nationalen Rechts, sondern auch der unionsrechtlichen Vorgaben an.
Unsere Kanzlei ist mitunter auf das Arbeitsrecht spezialisiert und kann eine rechtliche Beratung auf höchstem Niveau und dem neuesten Stand leisten. Falls Sie sich in einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit befinden, können Sie sich gerne an uns wenden. In einem kostenlosen Erstgespräch können Sie uns kennenlernen und sich selbst ein Bild von uns machen. Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.