Während der Corona-Pandemie hat sich einiges verändert. So hat sie nicht nur zum sog. „Homeschooling“ geführt, sondern auch die Homeoffice Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen enorm erweitert. Wo früher kaum an Homeoffice zu denken war, wird nun wie selbstverständlich von Zuhause aus gearbeitet. Vorteilhaft ist, dass man sich natürlich den Arbeitsweg spart. Und dennoch kann es auch im Homeoffice zum Arbeitsunfall kommen. Ein solcher Fall landete zuletzt vor dem Bundessozialgericht (Urteil vom 08.12.2021, Az.: B 2 U 4/21 R).

Konkret geht es um einen Mann, der vom Schlafzimmer in sein häusliches Büro ging, um seine Arbeit aufzunehmen. Üblicherweise geschieht das unmittelbar ohne vorheriges Frühstück. Um vom Schlafzimmer in sein Homeoffice zu gelangen, musste er über die Wendeltreppe eine Etage nach unten gehen. Dabei rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel.

Die Berufsgenossenschaft verweigerte die Zahlung. Aus ihrer Sicht beginne der Unfallversicherungsschutz erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitszimmers. Daraufhin klagte der Mann vor dem Sozialgericht auf Feststellung eines Arbeitsunfalls und hatte damit zunächst Erfolg. Doch in zweiter Instanz bekam die Berufsgenossenschaft Recht. Das Landessozialgericht sah in dem erstmaligen morgendlichen Weg ins Homeoffice eine unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen Tätigkeit nur vorausgehe.

Schließlich landete der Fall vor dem Bundessozialgericht, welches Klarheit für die Parteien geschaffen hat. Es schloss sich dem Sozialgericht an, d.h. der Sturz gilt nach Ansicht des BSG als Arbeitsunfall. Entscheidend dabei war, dass der Kläger die Treppe allein aus Gründen der Arbeitsaufnahme im Homeoffice beschritt. Konkret führt das Gericht aus:

„Ausnahmsweise ist ein Betriebsweg auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden (Urteil vom 5.7.2016 – B 2 U 5/15 R). Ob ein Weg als Betriebsweg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich auch im Homeoffice nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (Urteil vom 31.8.2017 – B 2 U 9/16 R).“

Einen kleinen Haken gibt es jedoch bei der ganzen Sache: Das Bundessozialgericht hat den Fall anhand einer früher geltenden Rechtslage entschieden. Denn erst im Juni 2021 hat eine Gesetzesreform dazu geführt, dass Arbeitnehmerinnen im Homeoffice den gleichen Versicherungsschutz genießen wie im Betrieb. Ob das BSG in Anbetracht der Neuregelung des Unfallschutzes genauso geurteilt hätte, lässt die Pressemitteilung offen.